Folgende Situation begegnet uns in unseren Leadership-Projekten immer wieder: Seitens des Unternehmens wurde eine gute Strategie inklusive eines durchdachten Umsetzungskonzept erarbeitet. Auf rationaler Ebene ist alles völlig schlüssig und eingängig. Das Ergebnis wird den Mitarbeitern detailliert erklärt, die einzelnen strategischen Schritte vorgestellt und eine flammende Rede zur gemeinsamen Zielerreichung gehalten. Und obwohl man doch an alles gedacht hat, gibt es Mitarbeiter, die sich sträuben. Woran mag das liegen? Wie können auch skeptische Mitarbeiter überzeugt werden?
80% des Erfolges im Wirtschaftsleben kann durch soziale Dynamiken erklärt werden
Beim MLI beschäftigen wir uns eingehend mit den Zukunftskompetenzen im Bereich der Führung. Eine dieser Kompetenzen im Zeitalter der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz ist das grundlegende Verständnis für die Funktionsweisen des menschlichen Gehirns. Was wir besonders faszinierend finden, ist dass Leadership beide Ebenen anspricht: die rationale Ebene und die intuitive Ebene. Wie wir denken und uns ausdrücken hat direkte Auswirkung auf das Denken, die Gefühle und damit auch das Verhalten der Menschen um uns herum. Wir zeigen auf, wie man Wissen um diese Funktionsweisen nutzen kann, um sich selbst und andere in einen starken mentalen Zustand zu bringen und den Fokus auf Prioritäten im Alltag nicht zu verlieren.
Haben Sie im Zusammenhang mit Führung oder Strategieumsetzung schon mal über Neurotransmitter gesprochen?
Üblicherweise spricht man über Hormone, wenn sich das Gespräch um die Pubertät, das Klimakterium oder eine Schilddrüsenfunktionsstörung dreht. Doch auch, wenn wir andere Menschen als aktive Unterstützer unserer Ideen und Ziele gewinnen wollen, spielen Hormone eine zentrale Rolle.
Der Begriff „Hormon“ kommt aus dem Altgriechischen hormān und bedeutet „antreiben/erregen“. Hormone sind biochemische Botenstoffe, die als Signalstoffe spezifische Wirkungen und Regulationsfunktionen in Gang setzen. Sie steuern nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Emotionen, unsere Wahrnehmung und unser Denken.
Führung ist Kopfsache
Für unser Thema kommt diesen Botenstoffen (Neurotransmittern) im Gehirn eine besondere Rolle zu. Diese Substanzen sorgen am synaptischen Spalt für die Informationsübertragung zwischen den Gehirnzellen. Das Faszinierende ist, dass die Regulation der Neurotransmitter davon abhängt, wie Menschen ihr Umfeld wahrnehmen und interpretieren.
Auf das eingangs genannte Beispiel heißt das: Wenn Sie als kompetente und motivierte Führungskraft manche Mitarbeiter mit dem neuen Konzept und der neuen Vision nicht erreichen könne, liegt es u.a. daran, dass die Nervenzellen in den Gehirnen Ihrer Mitarbeiter, bereits eine sehr lange Geschichte hinter sich haben und diese auf Veränderungen anders reagieren als von der Managementebene gewünscht. Wenn unsere Sinnesorgane ein Muster wahrnehmen, welches einen unserer Schaltkreise aktiviert (beispielsweise, indem es eine Erinnerung wachruft), werden eben jene Botenstoffe ausgeschüttet.

Warum Neurotransmitter ein Führungsintrument sind
Vier Substanzen prägen besonders die Vitalität und mentale Leistungsstärke des Einzelnen und in der Kombination auch des Teams. Sie haben einen starken Einfluss auf unseren physischen und psychischen Zustand:
- Serotonin wird umgangssprachlich auch „Glückshormon“ genannt. Es gibt uns das Gefühl von Lebenswillen, Freude und Gelassenheit. Serotonin dämpft negative Gefühle und reduziert impulsives Verhalten. Viele antidepressive Medikamente sind so konzipiert, dass sie die Serotonin-Konzentration zwischen den Nervenzellen erhöhen. Ein gesunder Serotonin-Spiegel macht uns leistungsfähig und wirkt sich positiv auf unsere Sozialkompetenz aus. Durch gezieltes Führungsverhalten in entscheidenden Situationen kann man den Serotonin-Level beteiligter Personen beeinflussen.
- Dopamin wird umgangssprachlich auch als „Belohnungshormon“ bezeichnet. Es wird ausgeschüttet, wenn wir den Eindruck haben, mit unserem Handeln ein wichtiges, übergeordnetes Ziel zu verfolgen und Schritte auf diesem Weg erfolgreich zu meistern. Dopamin löst Emotionen wie Motivation und Zuversicht aus. Es spielt eine große Rolle in unserem Belohnungssystem. Auch Drogen aktivieren Dopamin-Ausschüttungen. Das dadurch künstlich verursachte Gefühl kann süchtig machen. Führung kann durch erstrebenswerte Zielsetzungen, Training und gute Arbeitsorganisation den Dopamin- Haushalt der Beteiligten beeinflussen.
- Cortisol ist das Langzeitstress-Hormon. Es wird ausgeschüttet, wenn der Körper sich auf einen längeren, entbehrungsreichen Kampf einstellt. Ein hoher Cortisol-Spiegel zeigt sich in Zuständen wie leichter Aggression, Nervosität oder reduzierter Aufmerksamkeit. Ein dauerhaft hoher Cortisol-Spiegel entzieht dem Körper Energiereserven und laugt ihn aus. Dies führt zu Erschöpfung, vorzeitigem Altern und sogar kognitivem Abbau. Auch erhöht sich das Risiko, an einer Depression zu erkranken. Führung kann das Stresslevel der Betroffenen reduzieren, indem sie multiple Anforderungen mit Überforderungscharakter, unklare Zielsetzungen oder ungünstige Arbeitsbedingungen verhindert.
- Noradrenalin ist chemisch eng mit dem Hormon Adrenalin verwandt. Es bereitet unser Gehirn in akuten Situationen auf schnelle und effiziente Handlungen vor. Es aktiviert kurzfristig Energiereserven des Körpers, schärft die Sinne, erhöht die Aufmerksamkeit und hilft Menschen, ihre Komfortzone zu verlassen.
Führung ist vor allem die Fähigkeit, Menschen zu bewegen, die Wege zu gehen, die für den Erfolg des Unternehmens als sinnvoll erachtet werden. Dabei kann Führung mentale Trigger bewusst einsetzen, um Einzelne und Teams in entscheidenden Momenten zu motivieren.
Die Wahrnehmung beeinflusst unsere Gedanken und Gefühle
Dazu muss man sich bewusst machen, wie Neurotransmitter wirken. Nur wenn im Gehirn einer Perosn Idealbedingungen herrschen, ist sie in der Lage sich aktiv und fokussiert neue Aufgaben zu meistern.
- Interpretieren wir eine Situation als angenehm, ungefährlich oder bedeutungsvoll, wird Serotonin ausgeschüttet. Wir fühlen uns wohl in unserer Haut und voller positiver Energie.
- Interpretieren wir eine Situation als einen Schritt hin zu einem wichtigen Ziel, führt dies zu Dopamin-Ausschüttungen. Wir haben das Gefühl, etwas Sinnvolles geleistet zu haben. So fühlt man sich als Sportler, der auf einen Wettkampf hin trainiert, nach einer gut verlaufenen Trainingseinheit.
- Interpretieren wir eine Situation als überfordernd und gefährlich, wird Cortisol ausgeschüttet. Wir sind nervös, fühlen uns manchmal entmutigt und laufen Gefahr, in eine Opferrolle zu verfallen, in der wir uns von äußeren Umständen getrieben fühlen. Experimente kognitiver Psychologen haben gezeigt, dass eine berufliche E-Mail beim Empfänger den gleichen Stresslevel erzeugen kann wie die Vorbereitung auf den Zweikampf in einer Bedrohungssituation. Viele E-Mails bedeuten für solche Menschen ein dauerhaft hohes, gesundheitsschädliches Cortisol-Level.
- Interpretieren wir eine Situation als herausfordernd oder riskant, haben jedoch ein Konzept, wie wir sie bewältigen werden, wird Noradrenalin ausgeschüttet. Es ist das Lampenfieber-Hormon, das uns den Kick gibt und für kurze Zeit unsere Präsenz, unseren Fokus und unsere Aufmerksamkeit schärft.
Unten sind zwei Personen in unterschiedlichen kognitiven Zuständen abgebildet. Die linke Person leidet unter Dauerstress. Hier herrscht Alarm im Kopf. Die Person fühlt sich alleingelassen und hat Angst zu versagen. Manche Situation kann diese Person lösen, aber selbst viele einfache Tätigkeiten kommen ihr jetzt herausfordernd vor.
Die rechte Person ist in einem guten, vitalen Zustand. Sie kann sich gerade auf sinnvolle Ziele und Aktivitäten konzentrieren. Sie fühlt sich ihren Aufgaben gewachsen, kann ihre Wahrnehmungen stimmig einordnen und erlebt im Berufsalltag Situationen, die ihr Freude bereiten. Sie hat den Eindruck, Schritt für Schritt einem erstrebenswerten Ziel näherzukommen.

Gutes Leadership aktiviert die Neugierde
Kündigt sich eine Veränderung an, wird bei Mitarbeitern stets beides aktiviert: Die Neugierde und die Angst. Als Führungskraft sollte man beachten, dass dies zwei Aspekte ein und desselben Systems darstellen. Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, neigt er dazu, Veränderungen intuitiv als bedrohlich einzustufen. Wenn aber Führungskräfte in der Lage sind, mehr Neugierde zu wecken, werden die Mitarbeiter motiviert.
Neugierde ist der entscheidende Faktor: Dopamin – das Belohnungshormon – ist der Neurotransmitter, der ausgeschüttet wird, wenn wir neugierig sind. Gutes Leadership macht neugierig, denn es trägt dazu bei, dass die Mitarbeitenden in einem ausgeglichenen mentalen Zustand und somit maximal leistungsfähig sind. Mit Freude und ohne auszubrennen.
Die Wahrnehmung und Interpretation von Umweltdaten bestimmt über die Neurochemie unser Lebensgefühl und die geistige Leistungsfähigkeit. Im Zeitablauf entstehen in den Köpfen er Menschen riesige Datenautobahnen. Sie ermöglichen es, dass nicht alles, was auf unser hereinströmt, auch in unser Bewusstsein gelangt. Das schützt davor, durchzudrehen und ermöglicht Dinge effizient und automatisiert abzuarbeiten.
Neue Wege in der geistigen Datenverarbeitung verankern
Um Mitarbeiter neugierig auf Veränderungen zu machen und sie zu überzeugen, neue Wege zu gehen, müssen Führungskräfte die „Nebenstraßen“ ausbauen. Worauf wir unsere selektive Wahrnehmung lenken, spielt bei der Datenverarbeitung eine entscheidende Rolle. Wir können die Interpretation unserer Sinneseindrücke verbessern, indem wir unsere Erfahrungen reflektieren, die Gedanken sortieren und uns auf das konzentrieren, was uns konstruktiv weiterbringt.
Leadership bedeutet auch, in dieser Richtung Vorbild zu sein. Führungskräfte sollten sich immer wieder bewusst machen, wofür sie stehen und welche Signale sie aussenden, wenn Veränderungen anstehen.
Daraus ergibt sich ein anderes Verhalten, insbesondere auch die Art, wie wir mit anderen Menschen umgehen und kommunizieren. Gehirne sind sehr gut trainierbar. Vorgesetzten kann es gelingen, dass Mitarbeiter flexibler im Denken werden und leichter bereit sind, neue Wege zu gehen. Sie lernen neugierig zu sein, da die Neugierde sie in einen ausgeglichenen, leistungsfähigen Zustand versetzt – Dopapin sei Dank.
Der Einsatz von Neuroscience als Führungsinstrument zielt darauf ab, die Mitarbeitenden in einen idealen Zustand mentaler Leistungsfähigkeit zu versetzen.
Expedition Zukunft
Wie wäre es, wenn ein neuer Wind durch Ihre Organisation wehen würde? Eine Brise von Aufbruch und Abenteuer. Was wäre anders, wenn die Menschen in Ihrer Firma sich als Teilnehmer einer Expedition in die Zukunft verstünden – geprägt von Neugier und Entdeckergeist, Zusammenhalt und einer gemeinsamen Mission?
Sebastian Morgner hat im Rahmen der Future of Leadership Initiative (FLI) in sieben Jahren mit 250 Vordenkern im Bereich Führung gesprochen und mit seinem Team über 100 Bücher und aktuelle Studien ausgewertet. Sebastian Morgner hat im Rahmen der Future of Leadership Initiative (FLI) in sieben Jahren mit 250 Vordenkern im Bereich Führung gesprochen und mit seinem Team über 100 Bücher und aktuelle Studien ausgewertet.

Das Ergebnis ist eine neue Führungsphilosophie, die Unternehmensführung als Erkundungsreise in eine ungewisse Zukunft versteht, zusammengefasst im Buch EXPEDITION ZUKUNFT – Wie wir den Zufall nutzen können, um Ungewissheit und Komplexität zu meistern.
Kompakt und anschaulich erfahren Sie:
- Neurowissenschaftliche Erkenntnisse für Menschen in Führungspositionen
- Zwölf typische Denkfehler, die man in einer Führungsrolle kennen muss
- Ansätze zur Entwicklung einer agilen Organisation
- Mentales Navigationssystem, umkollektivem Denken Richtung zu geben
uvm.
Lust auf mehr?
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen was ein Spatz und ein Elefant mit Ihrem Erfolg 2020 (und vielleicht auch 2021) zu tun haben.
Im „Future of Leadership – Zeit für eine neue Ära“ begrüßt Sebastian Morgner Vordenker aus Wirtschaft, Politik und Forschung, um gemeinsam mit diesen ein Bild der Zukunft von Leadership, Agilität und Nachhaltigkeit zu zeichnen.